Mittlerer Osten: Ali* hat viel verloren, vor allem seine Hoffnung. Man sieht dem älteren Mann noch an, dass er Härte erlebt hat. Ali war Offizier in der Armee – gedrillt, abgehärtet, befehlend. Doch von seinem alten Wesen ist ihm wenig geblieben. Ali zittert und er sagt selbst, dass er gebrochen wurde. Es ist die schlimmste Zeit seines Lebens.
Das Familienoberhaupt hatte fünf erwachsene Söhne. Davon haben vier geheiratet und mehrere Kinder bekommen. Vier der Söhne waren in der Armee – zwei starben schon vor einigen Jahren bei Kämpfen. Dann eroberten die Rebellen das Land. Eines Tages standen Rebellenkämpfer vor Alis Tür und nahmen die anderen zwei Söhne mit. Sie blieben verschwunden, bis Ali ihre misshandelten Körper auf einem Berg in der Nähe fand. Die Rebellen hatten sich an der Armee rächen wollen.
Nun war Ali für vier Witwen und einen ganzen Schwung Kinder verantwortlich – er selbst war in Trauer um seine Söhne und ohne Einkommen. Sein gesamter Clan floh in die Hauptstadt und fand Unterschlupf in einer Ruine. Hier gab es kaum Arbeit, wenig Essen und viel Verzweiflung.
«Oft essen wir nichts und die Kinder weinen die ganze Nacht, weil sie so hungrig sind», sagt der ältere Mann und schluckt dabei laut.
Unser Team, das Lebensmittel an Arme verteilt, wird momentan überrannt. So viele Flüchtlinge brauchen Unterstützung, um ihre Kinder zu ernähren. Sie stehen verzweifelt vor unseren Verteilzentren und gehen nicht, bis die Mitarbeitenden sie in ihre Liste eingetragen haben. Das tat auch Alis Familie.
Um von den fast 20 000 Familien, die auf der Liste stehen, die Bedürftigsten zu finden, gingen unsere Teams von Adresse zu Adresse und schauten in die Behausungen. So konnten sie sich selbst einen Eindruck machen, wie schlimm die Lage jedes und jeder Einzelnen ist.
Bei Alis Familie war sofort klar – sie brauchten Hilfe. Deshalb erhielt er ein Essenspaket für seine Familie, mit dem sie genug Essen für einige Wochen hatte. Ali weinte aus Dankbarkeit.