Pakistan: Leila* wurde von ihrem Mann verlassen. Als Fremde ihr das ins Gesicht sagen, kann sie es kaum glauben. Woher wissen diese Christen, was ihr passiert ist?
Leila hatte so viel geweint, dass ihre Augen schon ganz rot geschwollen waren. Ihr Mann hatte sie verlassen, doch nicht nur das: Ihre Geschwister hatten sich ebenfalls von ihr abgewandt. Leila lebt in Pakistan – ohne männliche Begleiter ist sie ausgeliefert. Sie ist verzweifelt. So viele Menschen, die sie geliebt hat und die ihr Sicherheit gegeben haben, wollen sie nicht mehr.
Sie will sich ablenken – und deshalb geht sie in einen Schönheitssalon. Davon gibt es viele in ihrer Stadt: Hier ziehen sich Frauen zurück, wenn sie unter sich sein wollen. Es läuft lockere Musik, und man kommt miteinander ins Gespräch – ohne Männer, ohne Probleme. Genau das braucht Leila jetzt. Sie betritt den Salon und bucht ein Make-Up: Jemand soll sie einfach wieder einmal schminken. Dann sieht man ihren Kummer hoffentlich nicht mehr.
Leila sitzt in einem gemütlichen Sessel. Sie fühlt sich so leicht wie schon lange nicht mehr. Sie ist schon fast fertig geschminkt, als zwei Frauen den Salon betreten. Sie sind freundlich, die beiden, und so kommen sie ins Gespräch. Die Frauen machen eine Umfrage zu Weihnachten, dem Fest der Christen, das Leila nur aus dem Fernsehen kennt. «Warum feiern die Christen Weihnachten, was denkst du?» «Keine Ahnung. Vielleicht beten sie den Baum an, den sie schmücken?» Die beiden notieren eifrig ihre Antwort auf das Interviewblatt. Dann plaudern sie noch ein wenig. Und Leila hat wirklich das Gefühl, wahrgenommen zu werden. Irgendetwas ist anders mit diesen Frauen.
Eine von ihnen erzählt, dass sie zum Gott der Christen betet, und fragt, ob sie auch für Leila beten darf. Die nickt. Und die Frau mit den leuchtenden Augen legt ihre Hand auf Leilas Arm, und es fühlt sich seltsam vertraut an. Dann sagt sie: «Gott, ich bitte dich, sei bei Leila. Du siehst, sie wurde von ihrer Familie verlassen. Sie ist tief verletzt und weint. Aber du liebst sie und sorgst für sie. Lass sie das wissen.» Leila erstarrt. Woher weiss die Frau von ihrem Leben? Warum schaut sie ihr direkt ins Herz? Und dieser Satz: Du liebst sie. Sie soll geliebt sein?
Leila beginnt zu weinen. Ihr Makeup verschwimmt, aber daran denkt sie nicht. In ihr schmerzt es, und dass sie tatsächlich geliebt sein soll, das bringt sie zum Weinen. Die beiden Frauen streicheln sie und trösten sie mit Worten. Immer wieder sagen sie: «Gott liebt dich. Du bist ihm wichtig. Er lässt dich nicht alleine.»
Zum Abschied schenken sie Leila ein Buch, in dem sie genau das nachlesen kann. Leila ist erleichtert. Als sie den Schönheitssalon verlässt, hat sich etwas verändert: Etwas, was man nicht mit Schminke überdecken kann oder muss.
*Name verändert von Redaktion, Symbolbild