Türkei: Musa* lebt in der Schweiz, er geht in eine Freikirche und ist überzeugter Christ. Als die Erdbeben die Türkei erschüttern, verändert das sein Leben – denn er ist genau im betroffenen Gebiet aufgewachsen, im Südosten der Türkei. Musa beschliesst, vor Ort zu helfen – und wird dabei von Schweizer Kirchen und der HMK unterstützt. Er bleibt zu Beginn drei Monate lang dort und erlebt dabei Jesus sehr intensiv. Mittlerweile war er öfters zum Helfen in der Türkei.
Musa, wer bist du?
Ich heisse Musa und kam mit 16 Jahren als türkischer Flüchtling in die Schweiz. In einem Migros-Restaurant lernte ich ein Schweizer Ehepaar kennen, das mich respektvoll behandelte und mir später eine Bibel schenkte. Durch sie lernte ich Jesus kennen und entschied mich für ein Leben mit ihm.
Wie kamst du auf die Idee zu helfen?
Ich kontaktierte einen alten Freund, der in meiner Heimatstadt eine Grossküche besitzt. Sie war unversehrt, und so kamen wir auf die Idee, warme Mahlzeiten gratis zu verteilen. Doch ich hatte keinen Verein und keine Organisation, die mich unterstützte. Ich schrieb die HMK an und berichtete von meiner Idee. Sie waren einverstanden, mir zu helfen. Ich durfte ihre Infrastruktur nutzen. Ich bin sehr dankbar für diese rasche und unkomplizierte Zusammenarbeit.
Wie genau sah deine Hilfe für deine Region aus?
Wir verteilten jeden Tag warme Mahlzeiten aus der Grossküche. Zusätzlich fuhren wir Gekochtes in entlegenere Dörfer, zum Beispiel zu Beerdigungen. Dadurch konnte ich die Leute fragen: «Was braucht ihr?», und versuchte dann, ihre individuellen Bedürfnisse zu stillen. Am häufigsten verteilte ich Hygieneartikel.
Ein Mann, den ich traf, trug bei heissen Temperaturen noch Gummistiefel. Er hatte Schuhgrösse 48. Alle seine anderen Schuhe waren durch die Erdbeben verschwunden. Niemand, auch nicht die kommunalen Behörden, bei denen er arbeitet, hatte es geschafft, ihm angemessene Schuhe in seiner Kleinstadt zu organisieren. Ich fuhr mit dem Auto in eine weiter entfernte Grossstadt, wo ich jeweils die Hilfsgüter einkaufte. Nach langem Suchen fand ich dort auch Schuhe in seiner Grösse. Für mich war es eine kleine Geste, aber für diesen Mann machten die neuen Schuhe einen riesigen Unterschied in seinem Leben. Er ist uns bis heute dankbar.
Wie hast du Jesus in dieser Zeit erlebt?
Sehr nah. Ich habe schon früh im Leben die Erfahrung gemacht: Wenn ich offen für Gottes Stimme bin, leitet er mich ganz genau. Das durfte ich auch in der Türkei erfahren.
Einmal fuhr ich durch eine Gegend und sah von weitem eine Anzahl Zelte. Ich hatte das Gefühl, ich sollte dorthin fahren. Als ich aus dem Auto stieg, kam ein einjähriger Junge auf wackeligen Beinen auf mich zu. Ich tröstete ihn. Danach wich er nicht mehr von meiner Seite. Ich setzte mich auf eine Decke vor dem Zelt und er drückte sich fest an mich. Die Frau, die aus dem Zelt trat, war verwundert darüber. Sie erzählte, dass der Kleine seine Eltern verloren hatte und dass sie ihn darum aufgenommen hatte. Er zittere immer unkontrolliert, esse fast nichts und weine viel. Doch bei mir war er ganz still. Ich gab ihm etwas zu essen. Innerlich betete ich, dass Gott diesen kleinen Menschen berührt. «Leider müssen wir ihn in ein Heim bringen», sagte die Nachbarin traurig, «denn eine Adoption ist sehr langwierig und für uns viel zu teuer. Dort wird er verkümmern.»
Ich suchte Kontakt mit den Behörden. «Gibt es keine Möglichkeit, dass dieses Kind von der Nachbarsfamilie adoptiert wird?», fragte ich sie. In dieser Notsituation konnten wir mit den Behörden verhandeln. Schlussendlich durfte die Familie den Kleinen offiziell behalten. Er gilt jetzt als ihr Kind.
Ich bin so froh darüber! Ich weiss, dass Jesus mich zu dieser Familie geschickt hat, um diesem Jungen ein besseres Leben mit einer liebevollen Familie zu ermöglichen.